LEIPZIG UND DIE FRITZ-AUSTEL-STRASSE 31

09.03. – 13.05.2007

Zur Kunstgeschichte eines Ortes

Eigenwillig erscheint die Art der Bezeichnung der aktuellen Sonderschau »Leipzig und die Fritz-Austel-Straße 31« zumal dieser Straßenname in keinem aktuellen Leipziger Verzeichnis zu finden ist. Doch die Nummer 31 in der heutigen Bornaischen Straße im Leipziger Süden existiert. Im Hinterhof steht ein mittlerweile saniertes, kleines ehemaliges Fabrikgebäude, das eine bemerkenswerte Geschichte hat. Folgt man deren Spur, befindet man sich augenblicklich in Künstlerkreisen, deren Wirken vor rund 20 Jahren bis heute für die Leipziger Kunstentwicklung eine spezielle Bedeutung hat. Als Initiator fungierte damals Gerd Harry Lybke. Es ist die Rede von den Anfängen der Galerie »EIGEN + ART«.

In den Achzigerjahren in der DDR eine Autorengalerie zu unterhalten, gehörte nicht unbedingt zur Normalität. Unter argwöhnischer Beobachtung der entsprechenden Behörde wurde genaustens registriert, welche Künstler sich dem verordneten Reglement scheinbar zu entziehen suchten. Tatsächlich war im Connewitzer Hinterhof ein Ort gefunden, an dem die Freiheit der Kunst behauptet wurde, verbunden mit dem Wunsch nach mehr politischer Toleranz. Und wieder einmal erwiesen sich die Künstler als Seismografen in diesem Umfeld, dem sie sich auf vielschichtige Weise näherten. So spielte z. B. die gegenseitige Wahrnehmung in der künstlerischen Arbeit eine große Rolle. Es entstanden Arbeiten, die bis heute farb-stürmisch-frisch wirken, den Zeitgeist wohl spiegeln, aber ohne Patina daher kommen. Mit großer Ernsthaftigkeit wird Heiterkeit verbreitet, Frust lustvoll ins Absurde getrieben. Die Gedankenfülle und direkte Klarheit in den künstlerischen Formulierungen erweisen sich dabei als Besonderheiten, hebelten sie doch unablässig uniformes Denken aus. Das zu unterstützen, lag in der Absicht des Galeristen Lybke. Er erwies sich als alternativer Denker im wahrsten Sinne des Wortes, auch dadurch, dass er Gleichgesinnten Raum zur Präsentation und gesellschaftskritischen Auseinandersetzung mit künstlerischen Mitteln bot. Ihm ist es auch zu danken, dass sich die Entwicklung der Galerie »EIGEN + ART« bis in diese Zeit zurückverfolgen lässt. Ein entsprechendes Galeriearchiv machte das möglich. Auch die Ateliers der beteiligten Künstler boten noch eine Vielzahl von Werken aus dieser Zeit. So können zahlreiche dokumentarische Materialien, Fotografien und Arbeiten in dieser Sonderschau gezeigt werden, die ausschnittsweise und nicht mit dem Anspruch auf Vollständigkeit eine künstlerische Entwicklungslinie beleuchtet.

Weitere Materialien zur Geschichte der Galerie EIGEN + ART befinden sich im Besitz des Zeitgeschichtlichen Forums, Grimmaische Str. 6, 04109 Leipzig; u.a. die eine Sammlung von Videoaufnahmen zu den einzelnen Ausstellungseröffnungen.

Diese Aufnahmen sind während der Dauer der Ausstellung in der Infothek des Zeitgeschichtlichen Forums dienstags bis freitags von 9 – 17 Uhr zugänglich